Sehr geehrter Herr Ilg,
Hiermit beantrage ich die Prüfung der Rechtmäßigkeit des Beschlusses des Stadtrates Görlitz mit der Vorlagennummer STR/0602/09-14 auf der Sitzung des Stadtrates der Stadt Görlitz am 26.01.2012. Gegenstand des Beschlussantrages war die Verordnung der Stadt Görlitz über verkaufsoffene Sonntage im Jahr 2012.
Durch das unten beschriebene Verhalten des Versammlungsleiters, hier des Oberbürgermeisters, sehe ich mich in der Ausübung meiner Aufgaben als Stadtrat beeinträchtigt. Unabhängig von inhaltlichen oder politischen Zielstellungen, oder der persönlichen Meinung, muss zu jeder Zeit innerhalb eines Abstimmungsprozesses sicher gestellt sein, dass eine korrekte Ermittlung der Stimmen erfolgt. Allein schon der Verdacht, dass der Versammlungsleiter, hier der Oberbürgermeister, eine Stimmenauszählung wiederholen und letztlich zugunsten seiner Auffassung korrigieren lässt, ist m.E. Grund genug, die Rechtmäßigkeit des Beschlusses anzuzweifeln. Meine Zweifel speisen sich nicht aus der generellen Skepsis gegen erneutes Auszählen, dies kann durchaus vorkommen, in diesem speziellen Fall „verschwindet“ aber eine Stimme und dieser Stimmenschwund führt zum entgegengesetzten Ergebnis. Die Ausübung meines Mandates als Stadtrat wäre unzulänglich eingeschränkt, wenn bei knappen Entscheidungen zukünftig zu der inhaltlichen Auseinandersetzung und Vorbereitung auch noch die permanente Prüfung von Auszählergebnissen kommen würde. Als Stadtrat kann ich mein Mandat nur pflichtgemäß erfüllen, wenn ich auf die Neutralität der Versammlungsleitung vertrauen kann und nicht die Arbeit dieser zusätzlich kontrollieren muss.
Zum Sachverhalt:
Der Stadtrat verhandelte über den Beschlussantrag mit der Vorlagennummer STR/0602/09-14, ein Antrag auf Einzelabstimmung der geplanten verkaufsoffenen Sonntage wurde mit deutlicher Mehrheit abgelehnt. Aus der Debatte um diesen Antrag, bzw. aus der Stellungnahme des Oberbürgermeisters war klar zu entnehmen, dass dieser für alle insgesamt 6 verkaufsoffenen Sonntage stimmen wird und eine Diskussion zu diesem Thema als störend empfindet. Die Meinung des Oberbürgermeisters war also bekannt. In einem zweiten Antrag, beantrage FDP Stadtrat Wittig den 1. April aus der Vorlage zu streichen und begründete dies mit Bedenken des eigenen Rechtsamtes der Stadt Görlitz. Die Stellungnahme des Rechtsamtes verwies auf die besonderen Reglungen für Sonntagsöffnungen und sah diese bei dem geplanten Osterspaziergang am 01.April 2012 nicht für gegeben an. Bei der Abstimmung zum Antrag von Stadtrat Wittig stellte der Oberbürgermeister zunächst folgendes Ergebnis fest: 14 Ja-Stimmen 13 Nein-Stimmen und 3 Enthaltungen bei 30 anwesenden Stadträten. Der Antrag war also, wenn auch knapp, angenommen. Als der OBM dies bemerkte, stellte er sinngemäß fest: – ich konnte die Abstimung nicht genau sehen- wir müssen noch einmal zählen. Darauf rief er erneut zur Abstimmung, diese ergab diesmal folgendes Ergebnis: 13 Ja-Stimmen 13 Nein-Stimmen und 3 Enthaltungen. Somit war der Antrag wegen Stimmengleichheit abgelehnt. Auf den sofortigen Hinweis von Stadträten u.a. CDU Stadtrat Hannich, hier könnte etwas nicht stimmen, verwies der OB darauf, er habe dies jetzt so festgestellt bzw. auf die unterschiedliche Zahl der Abstimmenden, offensichtlich hatte niemand den Raum verlassen, erwiderte der OBM sinngemäß: Niemand ist verpflichtet, sich an der Abstimmung zu beteiligen und er habe das Ergebnis jetzt so festgestellt. Eine durch den Stadtrat Hannich beantrage Feststellung der Anwesenheit wurde ebenfalls mit diesem Argument verweigert. Meiner geäußerten Bitte, im Anschluss an den Beschluss, im Rahmen seiner Zuständigkeit zu prüfen, ob es beim Zustandekommen des Beschlusses rechtliche Bedenken oder Unregelmäßigkeiten gegeben hat und gegebenenfalls durch Einlegen eines Widerspruches für Rechtssicherheit zu sorgen, lehnte der OBM ab.