Es ist noch gar nicht lange her, da haben uns Politiker der Regierungskoalition in Dresden erzählen wollen, nach der Kreisgebietsreform wird sich die finanzielle Situation der Landkreise verbessern. Zweifel, wie aus zwei finanziell stark belasteten Kreisen und einer nicht besser ausgestatteten kreisfreien Stadt plötzlich ein solide finanziertes Gebilde werden sollte, wurden als Populismus in den Wind geschrieben. Nun lesen wir fast täglich in der Zeitung, die Feuerwehren haben zu wenig Geld, Kinder- und Jugendhäuser müssen ihr Angebot zurückfahren oder ganz schließen, Beratungsstellen werden nicht weiterfinanziert und auch bei Kultur oder Erholung soll gespart werden. Der Landkreis steht vor einem Schuldenberg von rund 14 Millionen Euro und um die auszugleichen, kann er nur freiwillige Aufgaben kürzen, die Städte und Gemeinden höher belasten, die dann ihre freiwilligen Aufgaben einstellen müssen oder darauf hoffen, dass ein Wunder geschieht. Doch wo liegen eigentlich die Ursachen für die Finanzkrise? Haben wir zuviel ausgegeben, leisten wir uns zuviel oder liegt es daran, dass auch nach der Kreisgebietsreform die strukturellen Belastungen im neuen Landkreis Görlitz nicht weniger geworden sind? Bedenkt man die Ausdünnung von sozialen und kulturellen Angeboten, welche seit Jahren von Haushalt zu Haushalt vorgenommen worden ist oder blickt man auf die fehlenden Angebote bei Hilfe und Beratung oder führt sich die langen Wege bis zum nächsten Verwaltungsstandort vor Augen, dann kann man schwer von zuviel Angebot im Landkreis reden. Es bleibt also nur der Blick auf die strukturellen Rahmendaten. Der Landkreis Görlitz hat z.B. eine überdurchschnittlich alte Bevölkerung und dank der verfehlten Sozialpolitik im Bund, Ausbau des Niedriglohnsektors seit 20 Jahren, oder die Hartz IV-Reglungen muss der Landkreis rund 218,4 Millionen Euro an Sozialausgaben stemmen. Der Gesamthaushalt beläuft sich auf 358 Millionen Euro. Geringe Renten, die durch Grundsicherung im Alter aufgestockt werden müssen, Wohngeld bei Betroffenen von Hartz IV, Zuschüsse zu Gebühren für Kindertagesstätten oder der hohe Bedarf an Hilfe zur Erziehung, alles Kosten die notwendig sind, aber eben nicht von den Verursachern der verfehlten Sozialpolitik getragen werden, sondern von den Landkreisen bzw. von den Kommunen. Die Kette ließe sich fast unbegrenzt weiterführen. Der Freistaat Sachsen, hat sich in den letzten Jahren auf Kosten seiner Kommunen saniert und die Staatsregierung lässt sich für eine geringe Verschuldung feiern. Doch sieht man in die Landkreise, dann erkennt man schnell den hohen Preis, den die Menschen dafür zahlen müssen. Die Schule im Ort geschlossen, der Jugendklub zu, die Straßen lassen sich mit einem Lochstreifen vergleichen und die kommunalen Wohnungsunternehmen müssen die Mieten reduzieren, um überhaupt Wohnraum anbieten zu können, den sich Betroffene von Hartz IV leisten dürfen. Das alles kann nur gestoppt werden, wenn die Finanzausstattung der Kommunen und des Landkreises an den Aufgaben bemessen wird, die sie zu erbringen haben. Wo mehr Menschen Hilfe brauchen, muss auch mehr Geld zur Verfügung stehen und wo Aufgaben per Gesetz festgelegt werden, muss auch die Finanzierung mit gesichert werden. Dass in Sachsen genug Geld da ist sieht man, wenn man an den Citytunnel in Leipzig denkt oder an die Milliarden für die Landesbank. Ein Umdenken in der Politik der CDU/FDP Landesregierung wird aber erst dann einsetzen, wenn die Menschen sich nicht mehr das Märchen vom Sparzwang einreden lassen und aufbegehren gegen Fehlentscheidungen, Schulschließungen, Abbau von Kultur und Wegfall von Hilfsangeboten.
Der Artikel ist für die Zeitung “Links der Neiße” geschrieben worden.