Sehr geehrter Herr Präsident,
Sehr geehrter Kolleginnen und Kollegen,
„Jesidische Mädchen wurden im Tausch gegen ein paar Packungen Zigaretten verkauft“
„Jeder, der an unserem Zimmer vorbeikam und Gefallen an uns fand, sagte einfach: ‚Los, gehen wir‘.“
„Da waren 48 IS-Mitglieder in dem Haus und wir zwei Mädchen — zwei Jesidenmädchen.“
Diese Zitate stammen von einer jungen Jesidin welche nach ihrer Befreiung in einer Sendung der Deutschen Welle zu Wort kam.
Eigentlich könnt man an dieser Stelle annehmen es bedarf keiner weiteren Rede, keines weiteren Werbens für den Antrag. Eigentlich könnte man erwarten das die hier vertretenden demokratischen Parteien sich vereint hinter den Antrag stellen. Nächstenliebe, Solidarität, Frauenrechte und der Schutz von Kindern gegenüber Gewalterfahrungen werden nun mal von CDU/SPD wie von Grünen und LINKEN als Grundlage ihres politischen Handels angenommen. Auf den Punkt gebracht, steht es in Grundgesetz: Die Würde des Menschen ist unantastbar.
Nun geht es heute aber gar nicht um das große Rad, es geht nicht darum ob wir vor den Festungsmauern Europas wöchentlich Massengräber schaffen nur um etwas zu verteidigen was es schon langen – und ich möchte betonen zum Glück – nicht mehr gibt. Es geht nicht darum ob man aus Liebe zur Vielfalt ja zu einer multikulturellen Welt sagt oder ob, so wie es einige hier ja glauben, es eine genetische Reinheit und Überlegenheit eines biodeutschen Volkskörpers gibt. An diesem Punkt werden wir uns tatsächlich nicht einig. Ich werde davon überzeugt bleiben, kein Mensch ist illegal und Flucht ist kein Spaziergang um mal zu gucken wie es sich in Gemeinschaftsunterkünften schläft oder eine gemütliche Kreuzfahrt auf dem Mittelmeer. Flucht hat Ursachen und wir sind hier im Kern Europas nicht unschuldig daran.
Darum geht es heute nicht, der Antrag der Grünen möchte etwas was bis auf Rassisten jeder und jede Unterscheiben können müsste. Es geht darum 500 Menschen zu ermöglichen ihr Leben wieder frei und ohne Trauma leben zu können. Wir können den Frauen die versklavt, missbraucht, gefoltert worden nicht ihre Erfahrungen nehmen diese grausamen Stunden, Tage und Monate werden immer zu ihrem Teil des Lebens gehören. Wir können aber etwas anderes tun, wir können ihnen und ihren Kindern eine Zukunft wiedergeben. Eine Zukunft in welcher sie eine bessere Gesellschaft aufbauen können ihre Kinder in eine Schule schicken können und als selbstbewusste emanzipierte Frauen den Fundamentalisten egal aus welcher religiösen Entgleisung sie stammen entgegentreten. Starke selbstbewusste Frauen die um ihre Rechte kämpfen sind ein Garant gegen all die welche glauben sie wären etwas Besseres ob als Prediger oder Nation oder was auch immer.
Es fehlt mir also die Vorstellung warum man diesem Antrag nicht folgen sollte. Aus Erfahrung vermute ich mindestens 3 Dinge
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Wir können nicht die ganze Welt retten und wir dürfen die sächsischen Kommunen nicht überfordern. Blödsinn. Wir reden hier nicht über 60 Millionen Flüchtende, wir reden über 500 Frauen. Es überfordert auch keine Kommune, fragen sie doch mal nach, die meisten Landkreise haben auf Empfehlung des Freistaates Kapazitäten geschaffen um Geflüchtete aufzunehmen. 30% dieser Kapazität stehen im Durchschnitt nun frei und ihre Nutzung würde die Kommunen entlasten, der Freistaat unterstützt sie nämlich nicht für das Vorhalten sondern nur für tatsächlich belegte Wohnungen. Aber dieses Nebengleis würde ich jetzt nicht weiter ausführen.
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Den Frauen muss vor Ort geholfen werden. Richtig, wenn die Bedingungen vor Ort dies zulassen würden, tun sie aber nicht. In einer Region in welcher Krieg herrscht werden die meisten Kapazitäten für die Versorgung von abgesprengten Gliedmaßen, aufgeschossenen Bauchdecken oder die Lebensrettung nach Bombeneinschlägen benötigt. Wir können froh sein, dass die alles nicht unsere medizinischen Kapazitäten bindet. Wir können froh sein, wir können und sollten daraus aber auch die Verpflichtung ableiten dieses Glück zu nutzen und zu helfen, hier den 500 jesidischen Frauen.
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500 jesidischen Frauen die Auswahl kann nur ungerecht sein. Stimmt. Aber deswegen sollten wir es nicht lassen, es geht um ein Zeichen ein Symbol eine besondere Handlung welche Vorbild sein kann, es geht um akute Hilfe um das Aufzeigen von Möglichkeiten. Wollen wir allen helfen, müssen wir Waffenexporte Stoppen unsere schmutzigen Deal mit Verbrechern und Diktatoren ob von der AKP oder aus dem Tschad beenden und unsere arrogante Postkolonialpolitik endlich zu Grabe tragen.
Können Sie sich noch an die Schlagzeilen erinnern: tausende Jesiden sind ins Sindschar Gebirge geflohen und wurden von Kräften der kurischen Volksbefreiungsarmee von Einheiten der YPG und YPJ befreit. Es waren eben nicht die Einheiten von Basani -welchen wir zwar Waffen lieferten gleichzeitig die wirklichen Befreierinnen und Befreier auf Bitten von Erdogan weiter kriminalisieren. Die Flucht, welche auch mit dem Tod enden hätte können, es gab weder Wasser noch Essen auf dem Berg im Sindschar Gebirge hatte, einen Grund. In den Wochen davor wurden 10 Tausend Jesiden ermordet, viele von ihnen übrigens Christen, dies ist mir zwar nicht wichtig aber für einige in diesem Haus ja ein besonderes Merkmal wenn es um ihre Hilfsbereitschaft geht. Es wurden aber nicht nur tausende ermordet sondern auch 7000 Frauen in die Sklverei des IS geführt, viele davon haben ihr Martyrium nicht überlebt, den Überlebenden Frauen wollen wir heute mit unser Zustimmung zu dem Antrag ein Zeichen geben. Das Zeichen, ihr seid nicht allein, wir können euch helfen und wir werden euch helfen.
Ich möchte meine Rede noch einmal mit den Worten der jesidischen Frau beenden die dem Programm der Deutschen Welle sagte:
„Es war mir egal, ob ich gefasst würde. Beides, Flucht und Tod, war besser, als dort zu bleiben.“
Liebe Kolleginnen und Kollegen, jetzt ist der Zeitpunkt über den Schatten zu springen aus Solidarität oder Nächstenliebe ist egal, lassen sie uns den 500 Frauen helfen, so schnell wir können.