Pressemitteilung
Görlitz, 24.04.2019
Stadthalle bleibt eine unendliche Geschichte der Selbsttäuschung und Verklärung
Anlässlich der erneuten Verschiebung eines Beschlusses des Stadtrates zum Betreiber*innenmodell der Stadthalle im Görlitzer Stadtrat erklärt das Mitglied des Sächsischen Landtages und Stadtrat von Görlitz Mirko Schultze:
Fakt 1: Es handelt sich bei der Stadthalle von Görlitz um ein wertvolles Gebäude, welches erhalten werden muss und eine öffentliche Nutzung ohne Alternative ist. Dies begründet sich aus der Entstehung, denn die Bürger*innen von Görlitz haben in Teilen ihre Musikhalle durch Spenden finanziert und weiterhin aus der Gegebenheit als Jugendstilgebäude mit überregionaler bauhistorischer Bedeutung.
Fakt 2: Die kulturhistorische Nostalgie eines kulturellen Betriebes, aus dem Bedarf der 70iger und 80iger Jahre des letzten Jahrhunderts gespeist, lässt sich nicht mehr mit den Bedarfen des 21 Jahrhunderts, der Kommunalfinanzierung im Freistaat Sachsen und den veränderten Ansprüchen auf Seiten der Veranstalter*innen in Einklang bringen.
Wenn der Freistaat und der Bund die Stadthalle tatsächlich für ein einmaliges und überregional bedeutendes Objekt halten, dann müssen sie nicht nur in die Sanierung investieren, dann müssen sie auch in einen Betrieb investieren, der zeitgemäß ist und die Stadt Görlitz nicht finanziell über ihre Möglichkeiten belastet. Eine Schließung bzw. Beendigung aller freiwilligen Aufgaben, um einen Konzert- und Gastspielbetrieb abzusichern, kann auch nicht im Interesse der nostalgischsten Stadthallenbefürworter*innen liegen.
Es bedarf also radikaler Schritte, um das Gebäude langfristig zu erhalten und dennoch die Stadt nicht zu ruinieren. Mirko Schultze weiter: Ich rege noch einmal an, darüber nachzudenken, die Nutzung vom Namen zu trennen und über Alternativen nachzudenken. Eine Forschungs-, Dokumentations- und Ausstellungstätte für den europäischen Jugendstil, die Suche nach Kunstsammler*innen, die eine würdige Ausstellungstätte suchen, bevor ihre Erben die Sammlung zerlegen, die Nutzung als Teil einer erweiterten Hochschule, die sich auf den Weg macht, in der Mitte Europas ein wichtiger Bildungs- und Forschungsstandort zu werden, könnten alles Denkmodelle sein, wenn man sich von dem schon fast pathologischen Spiel- und Gaststättengedanken verabschiedest.
Diese Vorschläge von mir sind nicht neu, sagt Mirko Schultze, ich lasse also das Argument, sie kämen jetzt wohl zu spät, nicht gelten. Was aber stimmt ist, sie bedürften eines anderen Denkens, einer anderen Einbindung von Europa, dem Bund und des Freistaates. Wenn man sich aber selbst beschränkt, um nicht den Widerstand einer kleinen aber gut organisierten, mit Lebenserfahrung ausgestatteten Gruppe auszulösen und sich aus der eigenen Filterblase nicht herausbewegt, wird die Stadthalle am Ende eine unendliche Geschichte der Selbsttäuschung und Verklärung bleiben und dafür ist sie zu schade.